Versus X
"Disturbance"
1996
Arne Schäfer - guitar, vocals
Ekkehard Nahm - keyboards
Stephan Dilley - bass
Stefan Maywald - drums
Ich hatte im Web ja schon einiges über Versus X gelesen. Und als ich dann am 05.02.99 im Bamberger Liveclub Versus X als Vorgruppe von Amon Ra sah, musste ich mir die Frage stellen, warum diese Band unter der Mehrheit der deutschen Progrocker noch so wenig verbreitet ist.
Für den Großteil des Livepublikums waren die Kompositionen von Versus X wohl zu ungriffig (um nicht zu sagen zu komplex), die wenigen, die sich aber voll auf ihre Musik einließen, wurden mit faszinierenden und herrlich überlangen Songs belohnt. Auch die Bühnenpräsenz war beeindruckend. Sänger Arne Schäfer verschmolz in punkto Gesang und Gestik zunehmends mit den Lyrics, im Gitarrenspiel legte er komplexe und dennoch songthemadienliche Spielkunst an den Tag. Der auf vorliegendem Album noch gar nicht vertretene Uwe Völkmar beeindruckte durch präzises Drumming und Spielfreude. Keyboarder Ekkehard Nahm wäre ja schon mit seinen Keyboards ausgelastet gewesen und hätte alleine dadurch schon begeistern können ... er ersetzte aber zudem noch den zuletzt aus der Band ausgeschlossenen Bassisten Stephan Dilley mithilfe von Bass-Pedals, was dazu führte, daß Ekkhard mit allen Extremitäten so beschäftigt war, daß man meinen konnte, an den Keyboards säße ein Oktopus.
Es stimmte also alles: Spielfreude, Bühnenpräsenz und vor allem: die Mucke ! Überlange Songs, die die Gratwanderung zwischen "uferlos faszinierend komplex","kompakt" und dennoch "immer wieder griffig" mit Bravour meisterten.
- Curtain Call (17:38)
- In Silent Age (16:47)
- The mirror of division (22:30)
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Gesamtspielzeit / total time: 57:40
Ich habe jetzt schon mehrmals das Wort "komplex" bzgl. der Kompositionen von Versus X gebraucht. Im Gegensatz zu vielen (vor allem) Progmetal-Kompositionen wird bei den Progrockern Versus X weder brachial gefrickelt, noch werden Teile lieblos aneinandergeklatscht. Nein, die Songs von Versus X sind - obwohl sie aus vielen Facetten und Stimmungen bestehen - aus einem Guß. Obwohl die Instrumente teilweise mehr versetzt und gegeneinander spielen, wirkt es eigentlich immer harmonisch, durchdacht und dynamisch.
Der Opener Curtain Call zeigt innerhalb der ersten drei Minuten recht gut, wo's bei Versus X lang geht. Gewöhnungsbedürftige Melodien (vor allem der Orgel), dyanmischer Verlauf und nach 3 Minuten ein einfühlsamer Gesang, der insbesondere durch die Piano-Unterlegung getragen wird. Nach knapp 5 Minuten gibts dann das erste dieser schönen Versus-X Guitarsoli, bei denen nicht Geschwindigkeit und Technik im Vordergrund stehen, sondern Ausdruck und Melodie. Nach etwas weniger als 10 Minuten hat sich der Song dann zu einem gänsehauterzeugenden Progrock-Juwel entwickelt: ein Keyboardsolo im Klaviersound, dem sich langsam Bass, Drums und E-Guitar dazugesellen und eh man sich versieht, findet man sich in einer Instrumentalpassage wieder, die seinerseits Genesis nicht besser hinbekommen hätten. Doch das wars noch lange nicht: der Track entwickelt sich immer noch weiter und bekommt vor allem aufgrund des Synthi-Keyboardsolos einen modernen Einschlag, der vor allem Fans von Illuvatar oder Rejoice entzücken dürfte. Ein Klassetrack !
Von etwas dramatischerer Gangart, jedoch selber Klasse ist In Silent Age. Wieder sind es vor allem die Keyboards und das hinreißende Gitarrenspiel, die während der nahezu 17 Minuten alles zwischen Progrock der 70er, Progrock der 90er und einem Konzert für Klavier und E-Gitarre abzudecken scheint.
The mirror of Division ist vor allem während der ersten Minuten fusionartig aufgebaut, verliert jedoch nie den Touch von Bands wie z.b. Rush zu deren frühen Tagen. Auch dieser Track beinhaltet während der restlichen 19 Minuten alles, was auch bislang auf diesem Silberling für Verzückung sorgte. Anspruchsvolle Lyrics, begeisternden Progrock und flüssige Kompositionen.
Wer von Euch bislang mit Versus X noch keine Bekanntschaft gemacht hat, der sollte das schleunigst nachholen, denn was die deutsche Szene hier für ein Juwel hervorgebracht hat, ist bemerkenswert. Schön, daß Musea dies erkannt hat und diese Ausnahmeband unter die Fittiche genommen hat.
9 Punkte
Zynischer Nachschlag: Warum sind solche Bands eigentlich nur bei ausländischen Labels unter Vertrag ? Labels wie Inside Out und Angular wären gut beraten, nicht immer nur Auslands- und Trendrosinen vom gedeckten Tisch oder aus dem Ausland abzugreifen, sondern auch mal den Spaten zur Hand zu nehmen, um im deutschen Untergrund nach Schätzen zu graben !
Die Homepage der Band findest Du in den DURP Links.
This german band is simply stunning. Very complex and long and compact (!!!) songs that range from 70ies prog to modern prog, from fusion to the feeling of King Crimson, from Marillion to a modern concerto for piano and e-guitar. Great musicianship, great compositions ... nothing left to say !
9 points
A link to the website of the band can be found in the DURP Links.
© 02/1999 Markus Weis / Die Ultimative Review Page - http://www.durp.com