Sfumato, Decorated Time, Colourful Seasons, From Thy Ashes, Eternal Sadness

"Live Homoiteeloiton-Festival, Kitzingen, 12 Feb 2000"

DURP - eZine from the progressive ocean

english summary
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Sfumato, Decorated Time, Colourful Seasons, From Thy Ashes, Eternal Sadness
"Live Homoiteeloiton-Festival, Kitzingen, 12 Feb 2000"
2000, -


    Gesamtspielzeit (total time):
 
Prologue / Vorab

Da ist man gebürtiger Würzburger, kehrt seiner Heimatregion beruflich den Rücken und kriegt nicht mit, daß es in der dortigen Region (im Vergleich zum Großteil von Rest-Deutschland) noch Jugendliche gibt, die - unterstützt von vorbildlicher und rockmusiktoleranter Jugendarbeit - ein Festival mit 5 Bands aus dem Boden stampfen. Die Rede ist vom dritten Homoioteeloiton - Festival, das am 12.Februar 2000 im fränkischen Kitzingen (von 20 Uhr bis 1:30 Uhr) stattfand.

Zuallererst einmal ein dickes Lob an die Veranstalter, vor allem an die Abteilung Jugendarbeit und das Pfarrheim in Kitzingen ! Es ist mittlerweile leider sehr selten, daß die Jugend einen Saal für die Veranstaltung eines Rockkonzertes zur Verfügung gestellt bekommt ... abgesehen von den allerorts eher dümmlichen VIVA-Dorfdiscos featuring DJ Epileptika. Daß es sich hierbei noch um einen eher festlichen Pfarrsaal mit angenehm abgenutztem Holzboden und Deckenleuchtern handelt, macht die Sache damit umso lobenswerter, wo doch anderenorts solche Sääle zu edelverzierten und jugendfeindlichen Kultur-Hochburgen umgebaut werden, in denen vom Kultur-Referent höchstpersönlich geläutert wird, wenn man mit Strassenschuhen nur in die Nähe des geheiligten 5-Sterne-Parkettbodens kommt.

Rezension

(sorry, leider keine Live-Bilder da der Film eine Macke hatte)

Los gings um 20 Uhr mit DECORATED TIME, deren melodischer Heavyrock trotz guter Arbeit vor allem an Bass und Gitarre nur selten griffig und eingespielt wirkte. Für Gesang und Keyboards zeichnet bei DECORATED TIME übrigens Russel Gray (CRISES) verantwortlich. Höhepunkt des Gigs war das abschließende Someday, während dem Russell von der Sängerin der Band SCORED an den Vocals unterstützt wurde ... ein melodischer, straighter Heavyrock-Song mit super-griffigem mehrstimmigen Refrain ... bei diesem Track stimmte einfach alles.

Als nächste Band erklommen die Darmstädter SFUMATO die Bühne. Der Saal war mittlerweile mit ca. 70 Jugendlichen angenehm gefüllt. Würden SFUMATO bei ihrem zweiten Auftritt eine jugendliche Menge mit ihrem frischen Progressive Rock überzeugen können ? Jawollja ! Die SFUMATOs legten im Vergleich zu ihrem ersten Gig (Musikwerkstatt / Neustadt a.d.Weinstrasse) eine verblüffende Steigerung hin. Die Jungs standen alle absolut souverän auf der Bühne, lieferten eine stimmige (traumhafte Lightshow) und musikverliebte Performance, das Zusammenspiel stimmte, die Vocals waren sicher und tadellos und alles in Allem ernteten SFUMATO verdientermaßen den anerkennendsten und emotionalsten Beifall des Abends. Mir standen während des Beifalls nach dem abgefahrenen Instrumental Take 2 schon fast Tränen der Rührung in den Augen, weil ich eigentlich damit gerechnet hatte, daß sich das junge Publikum vollständig überfordert fühlen würde. Aber genau das Gegenteil war der Fall ... die Art des Beifalls zeigte ganz deutlich, daß die Zuhörer von der Musik emotional ergriffen wurden. So war es dann nur logische Konsequenz, daß das athmosphärische Jake the grain ebenso zündete wie der Überflieger The crowd. SFUMATO hatten an diesem Abend die beste Lightshow, die angenehmste Bühnenpräsenz, den besten Sound ... summa summarum: den bewegendsten Aufritt. Wir warten gespannt auf den 07.4.2000 in Rödermark bei Frankfurt, wo SFUMATO mit VERSUS X spielen werden.

Als dritte Band traten die Mitorganisatoren des Festivals an: COLOURFUL SEASONS. Eine junge - auf der Bühne noch etwas unsichere - Progmetal-Band mit dem Mut zu schrägen, harten und komplexen Kompositionen. Vor allem im direkten Vergleich zu SFUMATO fiel auf, daß man eher nebeneinander statt miteinander spielte, irgendwie kam von der Bühne noch kein Miteinander-Gefühl, was sich aber sicher nach einigen weiteren Auftritten geben wird. Besonders gesanglich lag einiges im Argen, dies lag aber auch daran, daß hier mehr ein Shouter als ein Sänger zugange war (der die Band übrigens verlässt), was dem Ganzen vor allem live einen interessanten Hardcore-Touch verlieh. Bester Track: In progression.

Fast nicht wieder erkannt habe ich FROM THY ASHES, zumal ich sie anfänglich für ETERNAL SADNESS hielt, da der Programmablauf geändert wurde. Hatte ich deren letzte Demo-CD in wirklich guter Erinnerung, so fand ich live kaum Zugang zu den - größtenteils für das Publikum - zu harten Heavy Metal der Mannen aus dem Badischen, der zwar technisch anspruchsvoll, aber ohne roten Faden und soundtechnisch zu laut, zu unsauber und rüberkam. Überzeugen konnte mich eigentlich nur Amberland. Abtörnend war das FW-Cover Parallels, bei dem vor allem die Vocals meilenweit von der Klasse der Originals entfernt waren.

Der hexenkesseligste Auftritt des Abend gebührte jedoch den Düster-Lokalmatadoren ETERNAL SADNESS, die sich auf der Bühne wirklich verausgabten, die Fans zum Mitgröhlen und die Zuschauer zum Mitklatschen brachten. Der druckvolle Gothic-Progmetal der ewig betrübten Franken zog von Beginn sowohl Fans als auch Neulinge in ihren Bann, egal ob energiegeladenene Gothicmetalhymnen wie Your beauty und Black magic oder fröhliche Düster-IrishFolk-Einlagen ... es machte einfach Spaß, zumal als Zugabe eine bestechende Gothicmetal-Version von AHA's Take on me in die Menge gebrettert wurde.

 
Fazit

Das Konzept in Kitzingen ging auf: Samstag abend, 5 Bands (davon 3 aus der Region), 5 DM Eintritt, Zwofuffzichpluspfand für Getränke, angesichts der eher kahlen Halle hervorragender Sound (der gegen Ende leider nur zu laut wurde) und knapp 200 gegenüber allen Bands vorbildlich aufgeschlossene Zuschauer im Alter zwischen 14 und 25. Natürlich waren auch ein paar ältere Besucher zugegen, aber diese Gruppe war beschämend schwach vertreten. Es tat mal wieder richtig gut zu sehen, daß mit ein wenig gutem Willen (und vielleicht auch mit dem "In Kitzingen is ja sonst nix los"-Effekt) 200 Teens und Twens offen und tolerant für harte Rockmusik zu begeistern sind, die das auch mit ehrlichem Beifall zum Ausdruck brachten ... das sollte ... ach was: das muß andere Städte wachrütteln ! Ein voller Erfolg !

Provokanter Nachklatsch: Ich muss gestehen, ich war sehr enttäuscht, daß ich bei diesem Event der einzige war, der sich aus der deutschen (sogenannten) Prog-"Szene" hat blicken lassen, obwohl die ganze deutsche Underground-Szene von diesem Termin wusste. Für Marillion, DT und Spocks Beard fährt man selbstherrlich wenn es sein muß meilenweit, aber zu einem Good-Will-Abstecher auf ein ambitioniertes Konzert mit einer Band aus unsrer Mitte - zudem noch relativ zentral gelegen - konnte sich kein einziger bewegen ... traurig ! Wie soll hierzulande irgendwas laufen, wenn die Szene ihre eigenen Eigengewächse vernachlässigt ? Kitzingen hat gezeigt wie mans machen muß: Man muß im ersten Schritt versuchen, die Musik dahin zu bringen wo Leute sind anstatt zu versuchen gewaltsam Leute an willkürliche Orte zu bewegen, an die sie sonst nie hinfahren würden, egal zu welchem Anlass.

So manch einer äußerte sich etwas verdutzt über den niedrigen Altersdurchschnitt. Ich kann nur sagen: Ich hab mich selten auf einem Konzert so wohl gefühlt ! Lieber ein lebendiger Konzertabend mit Jugendtreff-Flair als lahme "Achtung Prog"-Konzerte vor 80 analytischen Zuhörerleichen ! Und die Tatsache, daß SFUMATO von den "Kids" mit dem aufrichtigstem Beifall des Abends bedacht wurden zeigt, daß sich die Progszene dank ihrer Exklusiv-Konzerte "für Studierte ab dem 10. Semester" selbst immer wieder herrlich ins Abseits zu manövrieren vermag. Die Jugend ist und bleibt empfänglich für Rockmusik ... man muß sie ihr nur anbieten ! Weiter so, Kitzingen hat vorgelegt ! Wertung: 8
Bitte erwähne bei einer eventuellen Bestellung, daß Dein Interesse von der DURP geweckt wurde.

   
Summary

... sorry, no english summary of this review ... 8 points
Don't forget to mention the DURP in your order !


© 02/2000 Markus Weis
DURP - eZine from the progressive ocean
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